• Stabile Seitenlage

Es beginnt mit einem Schock

Ein dumpfer Schlag. Der  Mann von ganz vorne liegt unter dem Tisch. Stöhnend und steif wie ein Brett ist er von seinem Stuhl gefallen, während wir uns auf die Präsentation an der Wand konzentrierten. Blut sickert aus seiner Stirn. Geschockt blicken wir Kursteilnehmer uns gegenseitig an. Manche lachen. Ist das hier Spaß oder Ernst? 

Eine Schrecksekunde

Mit zusammengekniffenen Augen beobachten sie scharf, was sich auf dem Fußboden abspielt. Man könnte eine Stecknadel fallen hören. Keiner traut sich, keiner will der Erste sein  – so scheint es. Doch kaum ist die erste Schrecksekunde vergangen, folgt Alex zielgerichtet seinem Impuls. Er springt auf, geht zügig zu dem Mann, setzt sich neben ihn und tätschelt ihm die Wange. „Hallo Herr Storz, können Sie mich hören?“. Bernd ist inzwischen auch schon unterwegs nach vorne, er hat den Verbandskasten unter dem Arm. Der Kollege von der Firma Ezel folgt ihm mit dem Defibrillator auf dem Fuß.

Herr Storz reagiert nicht. „Oh je, der reagiert nicht!“ ruft Alex hilflos in die Runde und schaut seine Kollegen fragend an. „Was soll ich bloß tun?“ Plötzlich kommen Tipps. Einer tut so, als rufe er die 112 und als beantworte er nacheinander die Fragen für Notfälle, die ihm gestellt werden. Der Andere sagt: „Alles ist besser als nichts tun! Du kannst nichts falsch machen! Komm, wir schließen den Defi an!“ Bernd drückt inzwischen eine Kompresse auf die Platzwunde.

Roland prüft, ob der Mann bei Bewusstsein ist und ruft gleichzeitig nach „Hilfe!“ – in diesem Fall bei seinen Kollegen. „Er scheint nicht bei Bewusstsein zu sein, sagt Roland. „ Zum Glück atmet er noch! Ich bringe  ihn in die stabile  Seitenlage. “

Hätten Sie’s gewusst?

Dann öffnet er den Defibrillator. Eine Zeichnung zeigt genau, wohin er die Elektroden kleben muss. Sogar ein Einmalrasierer ist dabei. Sollte der Bewusstlose zu viele Haare auf der Brust haben, halten die Sonden nicht gut genug und man kann den Bereich kurzfristig rasieren. Dann spricht der Defi mit sonorer Stimme: „Bitte legen Sie….“ „Bitte entfernen Sie sich…“ „Achtung, Schock wird ausgelöst!“ Zum Glück hat Roland gelernt, dass der Defi den Herzrhythmus analysiert und nur dann auslöst, wenn er keine ausreichende Herztätigkeit festgestellt hat. Auch hier kann er also nichts falsch machen.

Aufatmen…

Zum Glück braucht es den Schock bei Michael Storz nicht. Doch kein Notfall! Er ist plötzlich wieder ansprechbar. Setzt sich auf, bekommt wieder Farbe und grinst breit über das ganze Gesicht. Im Raum atmen alle auf. Einen ordentlichen Kopfverband bekommt er noch verpasst. So ganz zu Ende ist sein „Theaterstück“ aber noch nicht! Es geht weiter an die Beatmungspuppe. Er will sehen, ob wir es wirklich könnten – im Ernstfall.

Erste Hilfe braucht Direktansprache

Also, nochmal den Defi ausgepackt, die Elektroden auf die Brust der Puppe geklebt und los geht’s! Nach dem Schock sagt das Gerät den Rhythmus für die Herzdruckmassage an. „…..“Eine Anzeige visualisiert, ob wir tief genug drücken. Ganz schön anstrengend, die Sache! Doch man kann sich auch abwechseln, so der Tipp von Michael Storz. So wie er überhaupt empfiehlt, die Menschen an der Unfallstelle mit einzubeziehen. Das geht nur mit Direktansprache: „Sie mit dem blauen Hemd, bitte rufen Sie die 112! Sie mit dem grünen Rock, stellen Sie das Warndreieck auf!“ usw. Denn drei Sachen gehen bei Notfällen gar nicht: Gaffen, Fotografieren und keine Rettungsgasse bilden!

Eine Schulung, die lebensentscheidend sein kann – bei uns regelmäßig!

Wir gehen zurück in den Schulungsraum der Firma Fink. Was genau war geschehen? Michael Storz geht mit uns in die Reflexion. Stück für Stück gehen wir durch, welche Reaktionen angemessen waren und wo wir noch etwas hätten besser machen können. Ein Theorieteil schließt sich an: Platzwunden – wie gehen wir mit ihnen um? Wie legen wir Verbände an? Nach der Mittagspause, so verspricht er uns, werden wir die am „lebenden Objekt“ praktisch üben. Das ist immer einer der Höhepunkte des Ersthelferkurses, bei dem wir alle viel Spaß haben. Auch der Chef kann hier mal so richtig verbunden werden, damit er eine Weile „ruhig gestellt“ ist!

Vorbereitung auf den Ernstfall

Noch einmal schärft Herr Storz uns ein, dass wir niemandem Medikamente verabreichen dürfen – es sei denn, das Unfallopfer hat ein eigenes Medikament dabei. Das könnte z. B. ein Asthmaspray sein, das wir ihm reichen, damit er es sich selbst sprühen kann. Wir spitzen unsere Ohren und sind jede Sekunde des Kurses mit voller Konzentration dabei – vom Azubi bis zum Vorabeiter.

Denn der Schrecken, den Michael Storz uns allen eingejagt hat, bereitet uns auf nichts Anderes als die Realität vor. Wann haben Sie Ihren letzten Erste-Hilfe-Kurs besucht? Jederzeit könnte es auch Ihnen geschehen: Neben Ihnen fällt eine Person um – im Supermarkt, in der Fußgängerzone, zu Hause. Notfälle können überall geschehen. Und dann? Ja, was dann?

Welche Abfolge ist jetzt dran? Wüssten Sie es?

Genau deshalb legen wir bei der Firma Fink Bedachungen Wert darauf, unsere Kenntnisse alle 2 Jahre aufzufrischen. Und wir schulen ALLE Mitarbeiter, nicht nur den obligatorischen „EINEN Ersthelfer pro Baustelle“. Wir sind überzeugt, dass jede/r von den Kenntnissen als Ersthelfer profitiert, nicht zuletzt im privaten Umfeld. Und es ist unser Beitrag dazu, dass die Welt, die inzwischen recht rücksichtslos geworden ist, durch uns ein bisschen besser wird. Und wen könnte es Besseres geben für diese Schulung als Michael Storz vom DRK Pforzheim?

Es bleibt immer ein bisschen Gänsehaut

Es ist schon bemerkenswert, welche differenzierten Antworten er bekommt, wenn er zu Beginn seine obligatorische Frage stellt: „Hat Ihnen denn der Kurs in den vergangenen 2 Jahren etwas genützt?“ Und es bleibt immer ein bisschen Gänsehaut. Was wäre ohne Ersthelferkenntnisse gewesen? Hätte die kleine Vanessa von ihrem Papa den richtigen Verband bekommen? Wäre die kleine Milena so gesund geboren, wenn Florian nicht so ruhig geblieben wäre, als er den Rettungswagen für seine schwangere Frau rief? 

Beherzigen auch Sie den wichtigsten Rat von Michael Storz:

  1. Hauptsache, du hilfst!
  2. Du kannst nichts falsch machen, außer nichts zu tun!
  3. Ruf 112 und warte auf die Fragen, die sie dir stellen. Du musst nichts denken, nur antworten.
  4. Verabreiche keine Medikamente von dir aus. Aber hilf der Person, ihre mitgeführten Medikamente zu erreichen.
  5. Hab keine Angst vor dem Defi – die Ansage ist „idiotensicher“!
  6. Und stell dir einfach nur vor: Es betrifft dich. Du brauchst Hilfe, dein Kollege, dein Kind, deine Frau!
  7. Erste Hilfe ist PFLICHT!