• Schieferstein am richtigen Platz
  • Blick zum Turmhelm Martinskirche Enzweihingen
  • Enzweihingen von oben
  • Gerüst mit Aufzug und 130 Treppen
  • Zwei Lehrlinge morgens bei Arbeitsbeginn
  • Blick am Aufzugsmast nach oben
  • Ein Wasserspeier an der Martinskirche Enzweihingen

Den richtigen Schwung muss man raushaben

Azubis auf der Martinskirche in Enzweihingen

Hast du schon gesehen? Der Turm der Martinskirche in Enzweihingen wird renoviert! Und wir sind mit Gerüstbauer und Zimmerer einer der Spezialisten vor Ort, weil wir die altdeutsche Schieferdeckung als erfahrene Dachdecker noch beherrschen. Auch unsere beiden Auszubildenden Hannes und Tim sind mit auf dem Turm. Und so sieht ihr Arbeitstag an der Martinskirche aus:

Der frühe Vogel fängt den Wurm

5.30 Uhr: Die beiden Dachdeckerlehrlinge Hannes und Tim starten am Lager der Firma Fink in Illingen. Zusammen mit ihrem Ausbilder und Chef, Dachdeckermeister Hartmut Berner, laden sie Schieferhammer, Haubrücke, Haubock und mehrere Flaschen Wasser. Das Thermometer zeigt 14 Grad, als sie um 6 Uhr ihre Rucksäcke am Fuße des Westturms ausladen. Ihr Blick geht nach oben: Dort, in ca. 26 m Höhe, wird heute ihre Baustelle sein! Die “altdeutsche Schieferdeckung” wird ihren ganzen Einsatz fordern. Nochmal kurz ins „Dixi“ und noch ein paar Schieferplatten in den Aufzug laden – dann rastet die Klappe ein und los geht’s! Langsam, aber sicher rappelt der Aufzug an der Zahnleiste nach oben.

Schwindelfreiheit ist gefragt

Die Häuser von Enzweihingen werden immer kleiner. Der Blick weitet sich. Über dem Weitfeld geht blass die Sonne auf. Der Aufzug gibt den Blick frei auf die Glocken und schon grüßen auf der obersten Gerüstebene die Fratzen der Wasserspeier.

Einer der Wasserspeier an der Kirchturmspitze

Nicht nur Menschen haben Körperteile

Der Dachdeckermeister beginnt mit der Einweisung für den heutigen Tag. Mit fachmännischem Blick wählt Hartmut Berner den ersten Deckstein für den Ortgang, denn er muss die passende Größe haben! „Schaut“, fordert er die beiden Lehrlinge auf, „ich lege den Deckstein mit seiner Rückseite nach oben auf die Haubrücke.“ Mit dem Finger streicht er aufmerksam über die Schieferplatte. „Wie wir Menschen, so hat auch dieser Stein Kopf, Rücken, Brust und Fuß. Wir beginnen mit der Fußlinie.“ Tim und Hannes erscheint das irgendwie logisch. Deshalb reicht ihnen ein kurzer Blick und schon wagen sie sich ans Selbermachen.

Der richtige Schwung macht’s

„Das braucht Übung!“ meint Tim. „Den richtigen Schwung muss man rausbekommen“, fügt Hannes hinzu. Beide sind froh, hier am Turm der Martinskirche die altdeutsche Schieferdeckung erlernen zu können, denn sie wird Bestandteil ihrer Gesellenprüfung sein. Nur wenige Lehrlinge haben in ihrem Betrieb die Chance, an Schieferobjekten zu arbeiten. Nur Dachdecker mit viel Erfahrung und Fachwissen führen die altdeutsche Schieferdeckung aus. Daher müssen sich die Lehrlinge bei vielen Ausbildungsbetrieben mit „Trockenübungen“ an Modellen zufrieden geben.

Pause im Schlaraffenland

11 Uhr. Zeit für eine Pause. Das Thermometer ist auf 28 Grad gestiegen. „Hier ist Pause super!“ – da sind sich Tim und Hannes einig. Um die Enzweihinger Kirche herum befindet sich ein wahres Schlaraffenland. Alles, was des Dachdeckers Herz begehrt, ist hier zu finden: Döner, Laugenbrezel, Mohnschnecke und Kaffee. Wasser haben sie mitgebracht, denn unter 3 Liter am Tag geht bei diesen Temperaturen nichts.

350 Millionen Jahre auf dem Kirchturm

Frisch gestärkt fahren die beiden nochmal nach oben zu ihrer Arbeit. Hier sind sie dem Himmel ganz nah und allein mit sich und den Elementen. Inzwischen streicht eine warme Sommerbrise um den Kirchturm. Nur das rhythmische Klopfen der Schieferhämmer und ein Martinshorn unterbrechen die Stille. Mit schon geübten Händen ertasten sie die Kanten des über 350 Millionen Jahre alten Moselschiefers, begleitet vom prüfenden Blick des Dachdeckermeisters.

130 Stufen nach unten in den Feierabend

„Es ist schon etwas ganz Besonderes, hier an diesem ehrwürdigen Bauwerk arbeiten zu dürfen!“ Da sind sich Tim und Hannes einig. Sie machen noch ein paar Fotos aus der analogen für die virtuelle Welt. Dann geht es 130 Stufen abwärts hinunter in den Feierabend – um 14 Uhr und bei inzwischen 32 Grad.